“Burn, baby, burn.”
Fossile Rohstoffe waren und sind noch immer die Basis unserer modernen Zivilisation.
Das Problem: Beim Verbrennen von Öl, Kohle und Gas entstehen Unmengen an
CO2 - der Haupttreiber der globalen Erwärmung.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien schreitet voran, doch ihr Anteil reicht längst noch nicht aus.
Wie lassen sich unsere CO2-Emissionen also reduzieren oder sogar rückgängig machen?
Eine Lösung könnten
Kohlenstoffabscheidung
und Kohlenstoffentfernung sein, im Englischen als
Carbon Capture and Storage (CCS) und
Carbon Dioxide Removal (CDR) bekannt.
Worum geht’s?
Die Technologien sollen Kohlendioxid entweder direkt an der Quelle abscheiden oder sogar einfach aus der Atmosphäre herausziehen.
In diesem Artikel schauen wir uns einige Ansätze mal etwas genauer an und beantworten die Frage:
Ist das alles nur heiße Luft?
Carbon Capture and Storage (CCS): Hier wird das CO2 an der Quelle abgeschieden und anschließend dauerhaft (?) gespeichert (meist unterirdisch).
Direct Air Capture (DAC): Diese Technologie “filtert” CO2 direkt aus der Umgebungsluft heraus.
Direct Ocean Capture (DOC): Hier wird das CO2 aus dem Meerwasser “gefiltert”.
CCS eignet sich überall dort, wo CO2-Emissionen derzeit noch unvermeidlich sind. Beispiele sind die Zementproduktion oder auch die Herstellung von Kalk, Eisen und Stahl. Für das Abscheiden des CO2 in Kraftwerken und industriellen Anlagen gibt es drei gängige Verfahren:
Pre-Combustion Capture (preCCC): Das CO2 wird schon vor der Verbrennung abgeschieden. Dazu wird der Brennstoff in ein Synthesegas umgewandelt, aus welchem das CO2 dann herausgezogen wird.
Post-Combustion Capture (postCCC): Der fossile Brennstoff wird verbrannt und das CO2 danach mit Adsorptionsmitteln oder Membranen aus den Abgasen abgeschieden.
Oxyfuel-Verfahren: Der fossile Brennstoff wird nicht mit Luft, sondern mit reinem Sauerstoff verbrannt. Das erleichtert anschließend das Einfangen des CO2.
"Und was ist CCUS?"
Carbon Capture Usage and Storage (CCUS): Im Idealfall wird das abgeschiedene CO2 nicht einfach nur eingelagert, sondern für die Herstellung von industriellen Rohstoffen wiederverwendet. In Frage kommen Kraftstoffe, Kunststoffe, Dünger und viele weitere Produkte. Dies könnte Kohlenstoffkreisläufe schließen und Netto-Emissionen vermeiden. Bislang lässt sich so jedoch nur ein Bruchteil des abgeschiedenen CO2 nutzen.
Bei
Direct Air Capture wird CO2 direkt aus der Atmosphäre abgeschieden.
Die besondere Herausforderung:
Die CO2-Konzentration in der normalen Umgebungsluft ist viel geringer als in Abgasen aus Industrie und Kraftwerken: Für eine Tonne CO2 müssen rund 1,4 Millionen m3 Luft gefiltert werden.
Das Grundprinzip von Direct Air Capture:
Die Herausforderung:
DAC ist eine relativ junge Technologie und dadurch entsprechend teuer. Eine Tonne CO2 abzuscheiden kostet rund
800 bis 1000 US-Dollar. Laut aktuellem
“State of Carbon Dioxide Removal Report” sollen die Kosten bis 2050 auf 100 bis 300 Dollar pro Tonne CO2 fallen.
Zudem verbraucht vor allem das Aufheizen der Filter enorme Energie. Allein um der Erdatmosphäre nur 1% CO2 zu entziehen, wären so viele Anlagen nötig, dass diese mehr Strom bräuchten als die gesamte Welt derzeit produziert!
Doch für historische Emissionen könnte Direct Air Capture eines Tages einen wichtigen Beitrag leisten.
Der Doc, dem die Welt vertraut?
Direct Ocean Capture soll CO2 aus dem Meerwasser abscheiden.
Der große Vorteil:
In den Meeren ist die
CO2-Konzentration rund 150x höher als in der Luft.
Weitere
Vorteile gegenüber DAC:
DOC basiert auf derselben Technologie wie Desalinierungsanlagen:
Gegenüber DOC wirkt DAC wie eine jahrzehntelange Technologie. DOC steht noch ganz am Anfang und es gibt bisher nur wenige Pilotprojekte. Der Ansatz erscheint jedoch vielversprechend.
Der
technische Prozess der CO2-Abscheidung ist die eine Sache.
Eine andere Baustelle ist die
Speicherung.
Lässt sich das CO2 wirklich dauerhaft und sicher speichern?
Viele CCS-Projekte wollen das abgeschiedene CO2 in
ausrangierten Gas- oder Erdölförderstätten lagern, oft auch unter dem Meeresboden auf hoher See.
Geologische Formationen, natürliche Hohlräume oder auch saline Aquifere hat man ebenfalls ins Auge gefasst.
Können wir das CO2 wirklich einfach unter die Erde pumpen?
Klingt ein wenig nach dem Motto: “Aus den Augen, aus dem Sinn”, oder?
Die unterirdische Speicherung von CO2 ist tdurchaus umstritten.
Skeptiker fragen: Was, wenn das CO2 doch entweicht?
Es könnte Schadstoffe im Untergrund freisetzen, das Grundwasser versalzen und Ökosysteme schädigen.
Generell könnten gerade im Bereich der
Geothermie Nutzungskonflikte entstehen. Denn diese Art der erneuerbaren Energie ist im wahrsten Sinne heiß begehrt.
“It’s just so silly. If you just buried dollar bills it would make more sense. This has just given big oil decades of talking points to promote a fake solution so they don’t have to stop polluting today; it’s a huge greenwashing exercise and we are falling for it.”
Jonathan Foley, Project Drawdown
CCS ist auch 50 Jahre nach seiner Einführung noch teuer. Die Kosten sinken deutlich langsamer als bei Sonne und Wind. Das liegt vor allem daran, dass die Anlagen komplex sind und immer an den jeweiligen Standort angepasst werden müssen.
Besonders heftigen Widerstand gibt es gegen die Vorhaben, die das
CO2 unter dem Meeresboden einlagern wollen.
Die allgemeine
Gefahr von Lecks, die
Konsequenzen für das maritime Ökosystem und eine
mögliche Interaktion mit “Legacy”-Öl und Gasvorkommen in nicht mehr genutzten Förderstätten gehören zu den wichtigsten Kritikpunkten.
Zusammengefasst sind die Gegner von CCS der Meinung, dass die Technologie
keine Lösung für das CO2-Problem ist. Carbon Capture and Storage schaffe nur neue Probleme und Risiken und verzögere die tatsächlich gebrauchte Energiewende. Auch sei CCS ohne staatliche Subventionen kaum noch wirtschaftlich, weshalb Regierungen die Fördermittel lieber für die wirklich wichtigen Bereiche Energieeffizienz und CO2-Vermeidung nutzen sollten.
“When it comes to throwing funding at big industries for things that have never been demonstrated at scale, there’s suddenly a lot of money for it,” (...)“I’ve seen this movie many times before. This is clearly playing into the big oil playbook, and to subsidize that with public money is crazy.”
Jonathan Foley, Project Drawdown
Kritiker verweisen oft auf das Beispiel zweier großer CCS-Offshore-Projekte in Norwegen:
“Sleipner” und “Snohvit” sind seit 1996 und 2008 in Betrieb. Die Anlagen injizieren abgeschiedenes CO2 in den Meeresuntergrund. Trotz zahlreicher Studien können Experten die Sicherheitsrisiken der Felder nur schwer vorhersehen. So sei das CO2 schon nach wenigen Jahren in deutlich höhere Gesteinsschichten vorgedrungen als vorhergesehen.
Die Welt sei nicht in der Lage, die nötige
Regulierung und das erforderliche
Monitoring sicherzustellen. Diese aber brauche es für derartige Projekte über Jahrzehnte hinweg.
Die Technologie hinter CCS besteht bereits
seit den 1970ern und entstand nicht unbedingt aus Klimaschutzgründen: Förderunternehmen pumpten das CO2 in Ölfelder, um die Ausbeute zu steigern. Dieses Vorgehen heißt
“Enhanced Oil Recovery” und ist noch heute weit verbreitet.
Weltweit wächst das Bewusstsein für den menschengemachten Klimawandel. Auf ihrer Suche nach Lösungen haben Regierungen weltweit zuletzt
neue Förderungen für CCS-Vorhaben verkündet.
An erster Stelle stehen die
Vereinigten Staaten. Sie haben im Rahmen ihres Infrastructure Investment and Jobs Act
rund 12 Milliarden Dollar für CCS und ähnliche Technologien vorgesehen. Auch Kanada, das Vereinigte Königreich, die EU, Norwegen sowie vor allem China und Südkorea treiben viele neue Projekte voran. In Deutschland herrschte lange Zeit Skepsis, doch auch
hierzulande scheint CCS wieder zu einer Option zu werden.
Die Grafik der IEA zeigt: CCS wird in den nächsten Jahren zwar wachsen. Dennoch wird wohl auch 2030 noch eine große Lücke bis zum Erreichen von Net Zero klaffen.
Carbon Capture (Utilization) and Storage und Carbon Direct Removal in Form von DAC und DOC sind verschiedene Ansätze, um das Problem der menschengemachten CO2-Emissionen zu lösen.
Während CCS bereits seit Jahrzehnten existiert, sind DAC und DOC relativ neu.
Auch wenn die Frage nach der Speicherung umstritten ist:
Solange die Erneuerbaren noch nicht ausreichend verfügbar sind, könnte CCS zumindest eine Art Übergangslösung darstellen. Dies gilt vor allem für Sektoren, in denen CO2-Emissionen nahezu unvermeidlich sind, z.B. die Produktion von Zement und Kalk oder auch die Eisen- und Stahlproduktion.
Die
Internationale Energieagentur
sieht das
Potenzial von CCUS so:
“CCUS is an enabler of least-cost low-carbon hydrogen production, which can support the decarbonisation of other parts of the energy system, such as industry, trucks and ships. Finally, CCUS can remove CO2 from the air to balance emissions that are unavoidable or technically difficult to abate.”
Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Zivilisation wird es nicht die eine Wunderlösung geben. Aus dieser Perspektive könnten
Carbon Capture and Storage und auch
Carbon Direct Removal künftig eine wichtige Rolle spielen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Risiken der Technologie, insbesondere bei der Speicherung, ernsthaft erforscht und minimiert werden.
Trotz des jüngsten CCS-Booms gilt:
Der schnelle Ausbau der Erneuerbaren und die Steigerung der Energieeffizienz bleiben die dringendsten Aufgaben im Hinblick auf das CO2-Problem.
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https://www.iea.org/energy-system/carbon-capture-utilisation-and-storage
https://www.prescouter.com/report/top-carbon-capture-projects-2023/
https://phys.org/news/2023-07-carbon-capture-climate-tech-booming.html
https://www.dw.com/en/carbon-capture-storage-explained/a-65624021
https://iopscience.iop.org/article/10.1088/1748-9326/abd19e/meta
https://ieefa.org/resources/norways-sleipner-and-snohvit-ccs-industry-models-or-cautionary-tales
https://spectrum.ieee.org/direct-ocean-carbon-capture?utm_campaign=climatetechsub
https://www.theguardian.com/environment/2023/sep/12/carbon-capture-texas-worlds-biggest-will-it-work
https://www.iisd.org/articles/deep-dive/why-carbon-capture-storage-cost-remains-high
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2589004222018363
IEA, Capacity of current and planned large-scale CO2 capture projects vs. the Net Zero Scenario, 2020-2030, IEA, Paris https://www.iea.org/data-and-statistics/charts/capacity-of-current-and-planned-large-scale-co2-capture-projects-vs-the-net-zero-scenario-2020-2030, IEA. Licence: CC BY 4.0